328. Tag, Rest: 38 Tage
Es wäre jetzt Zeit über die Christmas Markets zu schreiben, von den Pantos (Weihnachtsmärchen) in den West End Theatern zu erzählen, oder auf den Black Friday aufmerksam zu machen. Aber das habe ich alles schon vor einem Jahr getan, denn der Kreis schließt sich. Jetzt geht es schneller als gedacht und ich überlege, was ich unbedingt hier noch vorstellen möchte? Und da fallen mir einige Dinge ein, die alle im nördlichen London zu finden sind. Genauer gesagt im Stadtteil East Finchley, das noch ziemlich zentral liegt (N2) und doch viel ruhiger als die Innenstadt ist.

Wir sind oft dort, es ist nicht weit von Hampstead entfernt, wo George wohnt. Wir besuchen dort gerne mal eine Vorstellung im Phoenix Cinema. Eines der ältesten Kinos der Stadt, mit einem etwas anderen Programm als die großen Paläste. George spielt sonntags gerne im Finchley Golf Club und ich kaufe während der Woche in der High Street ein.

Über Golf kann ich nichts sagen, mein Ballgefühl ist sub-optimal. Übrigens ein Wort (ball), das man nur mit Vorsicht benutzen sollte. Unvergessen bleibt mein Faux Pax, als ich mich bei den Gastgebern nach den Vorlieben ihres Hundes erkundigte, indem ich fragte: “Does he like chasing the ball?” antwortete George breit grinsend: “With crackin enthusiasm”. Später erfuhr ich dann, dass das harmlose Wort ‘ball‘ im Englischen doppeldeutig ist. Es zielt auch auf die männliche Erotikzone und zwar zentral. Also Vorsicht mit den ‘balls‘, jedenfalls solange jemand zuhört. Gebildetere Leute sprechen allerdings eher von den ‘crown jewels‘.

Wie komme ich jetzt zurück nach Finchley? Am besten über die High Road, wo die Underground hält (Northern Line). Dort ist auch das Phoenix Cinema und vorher gehen wir natürlich erst einmal ein Bier im Pub trinken. Da bietet sich der Old White Lion an, der gleich gegenüber liegt. Ein typischer Familienpub, wo sich Jung und Alt ab mittags täglich trifft und Neuigkeiten austauscht. Zum Sunday Roast geht man in ‘The Bald Faced Stag’. Beide Lokale haben große Biergärten, wie man sie in den Vororten oft findet.

In East Finchley, das merkwürdigerweise von den drei Ortsteilen (West-, Central- and East Finchley) deutlich am südlichsten liegt, lässt es sich gut leben. Eine große jüdische Gemeinde prägt zusammen mit vielen Schauspielern, Malern und in vielerlei Hinsicht kreativen Menschen die Kulturszene. Und uns zieht es immer öfter dorthin. Nicht nur um am Sonntag den 18-Loch Golfplatz zu nutzen, laut George einer der ‘most trickiest courses in London‘, sondern auch um einfach einen Spaziergang durch einen der Parks oder Friedhöfe zu machen. Und George verbringt hier viel Zeit in seinen allotments (Schrebergarten), wo er zwischen Obst, Gemüse und Bienenkörben perfekt entspannen kann. Da haben sich längst feste Freundschaften über den (nicht vorhandenen) Zaun angebahnt.
Inzwischen kann ich mir sogar gut vorstellen, dass George doch noch einmal umziehen wird und dann den Adresszusatz London N3 in N2 ändern muß. Aber das ist alles Gedankenspielerei, denn ‘it never happens what you expect’, aber ich lasse mich gerne überraschen. Auf jeden Fall ist East Finchley inzwischen ein feste Größe für mich geworden und deshalb wollte ich es hier einmal vorstellen.
The boss himself says:
George says: “East Finchley is a perfect place to live, to do sport and to have fun. The night bus (N20) brings you directly to Trafalgar Square and with the bike you can reach Tower Bridge in less than one hour. And the best, you cycle the whole time downhill into central London. “
Ich sage: “Neben wenigen hohen Wohnblocks gibt es in Finchley meistens die typischen zweigeschossigen Reihenhäuser oder auch Einzelhäuser. Das viele Grün entlang der Strassen fällt mir auf. Es erinnert mich mal wieder an meine Heimatstadt Hamburg. Dort lebe ich in einem ähnlich ruhigen und gemütlichen Stadtteil.“
Übrigens wird der kleine, muntere Fink im englischen als ‘finch’ bezeichnet. East Finchley aber trägt den Bogenschützen, also den ‘archer’, im Wappen. Über dem Eingang des U-Bahnhofes sieht man ihn mit gespannten Bogen knien. Eine lokale Zeitung trägt den Namen im Titel und einen Club für richtige Bogenschützen gibt es hier natürlich auch. Der liegt gleich neben George’s Golfclub und einmal wöchentlich trifft man sich und tauscht verlorene Golfbälle gegen verschossene Pfeile aus. Also irgendwo findet sich hier immer ein ‘archer’ und ich fange langsam an ihn als persönliches Symbol zu begreifen.

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In einer Ansprache Hitlers vor den Oberbefehlshabern informiert er Generäle und Offiziere der Wehrmacht in der Neuen Reichskanzlei über seinen Entschluss, Frankreich und Großbritannien anzugreifen. – Am 10. Mai 1940 beginnt dann der Feldzug, der die ‘militärische Erledigung des Westens’ zum Ziel hat. |
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1869 |
Im schottischen Dumbarton läuft der Klipper Cutty Sark vom Stapel, heute das letzte erhaltene Schiff dieses Typs. – Das Original hat vor Greenwich geankert bzw. wurde in ein gigantisches Trockendock mit Glasboden gestellt. Ein kleiner Nachbau dümpelt auf meiner Fensterbank im Arbeitszimmer in Hamburg. |