251. Tag, Rest: 115 Tage
… soll die Queen zu Prinzgemahl Philip gesagt haben und der brummelte so etwas wie: “Well, well, anything you like.” Die Nachricht wurde in der Presse als Überraschung verkauft, mit ganz zart angedeuteter Spekulation auf schlechten Gesundheitszustand wegen der vielen Parties im Vorfeld, aber dem stimme ich nicht zu. Liege ich falsch? Ich meine mich zu erinnern, dass die königliche Familie auch im letzten Jahr von Anfang August bis Oktober ihre Sommerferien in Schottland auf dem Schloß Balmoral verbrachte. Und das sie es immer schon so hielten.

Was macht die Queen dort eigentlich? Immerhin zwei Monate Urlaub sind eine lange Zeit. Nun sie trifft Verwandte und Freunde, trinkt nachmittags um fünf ihren Tee, geht gerne mal zum Fliegenfischen an den River Dee, hält Picknick auf dem Schloßrasen und fährt stundenlang alleine mit dem Geländewagen über Stock und Stein. Sie genießt ganz sicher die Ruhe, die sie in London nie haben kann, die Abgeschiedenheit in den Highlands, die Möglichkeit ganz alleine und privat unterwegs sein zu können. Das Schloß Balmoral ist ihr privater Besitz, geerbt vom Vater. Während ihres traditionellen Sommeraufenthaltes ist die Anlage weiträumig für die Öffentlichkeit gesperrt. Die königliche Fahne auf dem Dach verrät ob sie im Hause ist. Einheimische wissen aber zu berichten, dass die Königin diesbezüglich gerne mogelt. Sie kommt regelmäßig inkognito nach Balmoral, wohnt dann mit Ehemann in einem der kleinen Nebengebäude, z.B. in der Craigowan Lodge, und niemand bekommt es mit. Es kommt dann schon mal vor, dass sie sich klammheimlich zum Airport nach Aberdeen chauffieren lässt, dort plötzlich in der Ankunftshalle auftaucht und so tut, als wäre sie gerade gelandet. “Hello Untertanen!”, ruft sie dann winkend den Presseleuten entgegen.

Während der Sommerferien geht sie täglich mehrmals mit ihren Hunden spazieren. Sie reitet noch immer gerne aus, wenn auch nur in Begleitung. Alles andere wäre allerdings auch viel zu riskant, denn ein zuverslässiges Handy- oder Internet ist im Schottischen Hochland unbekannt. Im Notfall würde sie kein Mensch finden.

Aber ihr Urlaub in Schottland ist nicht nur Vergnügen. Beispielsweise kümmert sie sich um Baupläne und -kosten. Ihr Schloß muß dringend renoviert werden, z.Zt. werden großflächig Solarkollektoren montiert, und die Queen muß die Rechnungen aus eigener Tasche zahlen. Alleine der Betrieb des Schlosses soll jährlich an die drei Millionen Pfund kosten (3,5 Mio. Euro). Da wundert es nicht, wenn man im Juni/Juli den Touristen die Türen zur Besichtigung öffnet. Mit rund 15 Euro darf man hinein, allerdings bekommt man nicht viel mehr als den Ballsaal zu sehen. Die privaten Gemächer sind tabu. Auch die Presse hat kaum Fotos aus dem Wohnzimmer der Queen anzubieten.

Vielleicht ist es besser so, denn der Einrichtungsstil der Royals ist überraschend banal. Teppichboden mit Schottenmuster, recht einfache Auslegware, Lehnsessel mit Schonbezug (blaue Blümchen) und ein billiger elektrischer Heizofen im Kamin. Überall Figürchen, Bilder, Spiegel und oft überdimensionierte Blumensträuße in riesigen Porzellanvasen, die zur Vorsicht mahnen. Bewege dich nicht, sonst gibt es Scherben. Ein ehemaliger Premierminister hatte sich einmal unverblümt über die privaten Räume des Schlosses geäußert. Es ist Tradition, dass jeder Premier einmal während der Sommerferien zur Audienz in den hohen Norden kommt. Er, Lord Rosebery, sagte nach dem Besuch: “Ich habe das Wohnzimmer von Queen Victorias Haus auf der Isle of Wight immer für das häßlichste der Welt gehalten. Nun aber kenne ich das Wohnzimmer von Balmoral.” Und die Daily Mail setzte mit ihrer Schlagzeile noch einen drauf: “Wie ein explodierter Trödelladen”.

Tatsächlich war Balmoral ein Gelegenheitskauf von Queen Victoria. Der ledige Schloßbesitzer war an einer Fischgräte erstickt, -sicher von einem Lachs aus dem eigenen Loch Muick-, und die Erben wollten so schnell wie möglich Bargeld sehen. Man einigte sich auf ein Schnäppchen und Victoria unterschrieb den Vertrag, ohne jemals vorher das Schloß gesehen zu haben. Sie konnte sich allerdings sicher sein, ein gutes Geschäft gemacht zu haben, denn es gehören immerhin fast 350 Quadratkilometer Land zu dem Besitz (Sylt hat knapp 100 km2). Das sind ganze Wälder, ausgedehnte Seen und heutige Naturschutzgebiete bis zum Horizont. Victorias deutscher Ehemann Prinz Albert war entzückt, denn er fühlte sich ganz wie zu Hause im Thüringer Wald. Vor lauter Freude hat er seiner Frau gleich noch ein paar Kinder geschenkt. Elizabeth und Philip hingegen glauben an das Prinzip, dass eine gute Ehe getrennte Betten braucht. Damit könnten sie Recht haben, auch wenn wir, George und ich, unsere ein bißchen sehr weit auseinander gestellt haben. Andererseits, wer weiß wie es sonst gekommen wäre?

The boss himself says:
George says: “When the Queen will stay another six weeks in Balmoral, some of her flunkeys (Diener) are ‘stir-crazy’. I gather it’s the long, silent nights and dogy internet connections, she won’t miss.“
Ich sage: “Wenn die Hausherrin neunzig ist und ihr Ehemann fünfundneunzig, dann können die doch so lange Urlaub machen wie sie wollen. Das kann man doch nicht ernsthaft diskutieren. – Übrigens wäre das auch ein brauchbarer Plan für unsere Zukunft.” I’m not ninety-five!”
Was passierte noch am 7. September?
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1911 |
In Hamburg wird der Elbtunnel, der erste Flusstunnel auf dem europäischen Kontinent, eröffnet. – Bis heute hat er gehalten, der “alte” Elbtunnel. |
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1978 |
Beim Regenschirmattentat auf der Londoner Waterloo Bridge wird dem bulgarischen Dissidenten Georgi Markow ein Platinkügelchen in den Unterschenkel injiziert. Dieses setzt in der Folge kontinuierlich das Gift Rizin frei, woran Markow drei Tage später stirbt. – In London gab es einige höchst merkwürdige Todesfälle. Wie im Krimi. |